zum Hauptinhalt
Der Katarer Nas Mohamed setzt sich für queere Rechte ein.

© Nas Mohamed

Protest gegen Pride-Spiel bei der Fußball-WM: „Die Fifa geht immer den Weg des geringsten Widerstands“

Iran und Ägypten protestieren gegen ein Spiel im Zeichen des Regenbogens. Der schwule Aktivist Nas Mohamad hat Sorge, dass der Weltverband nun einknickt – und die Sicherheit queerer Fans bedroht ist.

Stand:

Ein wenig absurd fühle es sich an und surreal. So beschreibt der queere Katarer Nas Mohamed die Tatsache, dass die katarische Fußball-Nationalmannschaft im kommenden Jahr ihr erstes WM-Spiel in seinem Wohnort San Francisco austrägt. Und das ausgerechnet im Juni, dem Monat, der im Zeichen der LGBTIQ*-Rechte steht.

Er selbst hatte vor einigen Jahren als erster Katarer öffentlich gemacht, schwul zu sein. Bereits 2015 hatte er in den USA Asyl beantragt, denn in seinem Heimatland werden queere Menschen kriminalisiert und verfolgt.

„Das fühlt sich fake an“, erzählt Mohamed in einem Videoanruf. „Ich lebe im Mekka der LGBT-Rechte, und nun kommt ein Land her, das queere Menschen im schlimmsten Fall mit dem Tode bestraft, um Fußball zu spielen.“

Mohamed, der als Arzt tätig ist, nutzt bereits seit der WM in Katar 2021 seine Stimme, um auf die Lage queerer Menschen aufmerksam zu machen. „Leider geht die Fifa immer den Weg des geringsten Widerstands und kümmert sich wenig um Menschenrechte. Vor der WM in Katar wurde ich von vielen Regierungen und Organisationen eingeladen, um über die gefährliche Lage queerer Menschen zu sprechen. Nur die Fifa hat mich nicht eingeladen.“

Bedenken wegen queerer Fans

Im kommenden Sommer wird die WM in seiner Wahlheimat, den USA, sowie in Mexiko und Kanada stattfinden. Mohamed blickt mit Sorge auf das Turnier, denn unter der Trump-Regierung wurden insbesondere die Rechte von trans Personen beschnitten, etwa mit Blick auf geschlechtsangleichende Maßnahmen. Immer wieder machte Präsident Donald Trump deutlich, nur zwei Geschlechter anzuerkennen.

„Es war ein anstrengendes Jahr. Das Klima hat sich sehr verändert, queere Menschen erleben eine konservative Bedrohung durch die Regierung“, so Mohamed. „Ich mache mir große Sorgen, dass sich das auch auf die WM auswirkt.“

Nas Mohamed zog mit 24 Jahren für das Medizinstudium nach San Francisco. Als 2015 sein Visum auslief, beantragte er Asyl.

© Nas Mohamed

Mohamed äußert vor allem mit Blick auf queere Fans Bedenken. Er empfiehlt ihnen, den Kontakt zu den örtlichen Pride Houses zu suchen. „Diese werden sich um die Sicherheit kümmern und entsprechende Vorkehrungen treffen.“ Die Pride Houses sind Begegnungsorte in den Gastgeberstädten, an denen queere Fans gemeinsam die Spiele verfolgen und zusammenkommen können. Bereits bei der EM im vergangenen Jahr gab es ein solches Pride House im Berliner Poststadion.

Der Verantwortliche der Pride Houses, Keph Senett, erklärte in einer Mitteilung, man habe damit positive Effekte für den Fußball insgesamt erzielt. „Die WM bietet Communitys auf dem gesamten nordamerikanischen Kontinent eine beispiellose Gelegenheit, sich für die Menschenrechte und Sichtbarkeit von LGBTIQ+ einzusetzen und gleichzeitig am beliebtesten Sport der Welt teilzunehmen.“

Wir müssen das Narrativ, dass LGBTIQ*-Menschen nicht zu arabischen Gesellschaften dazugehören, endlich überwinden.

Nas Mohamed

Nas Mohamed traf sich bereits im Sommer mit den Organisatoren zum Austausch und blickt nun hoffnungsvoller auf die WM. „Ich bin beruhigter. Allerdings mache ich mir Sorgen, ob die Fifa kooperiert. Bei der WM in Katar hat der Weltverband nicht mit uns zusammengearbeitet. Wir wurden einfach beiseitegeschoben.“

Iran und Ägypten wollen Pride-Spiel verhindern

Hinzu kommt, dass einige Regierungen deutlich gemacht haben, wie sie zu queeren Rechten stehen. Eigentlich sollte am 26. Juni in Seattle ein Pride Match stattfinden – die demokratisch-liberale Stadt feiert an diesem Wochenende traditionell die LGBTIQ*-Community. Doch Ägypten und der Iran, die an diesem Tag aufeinandertreffen, protestieren dagegen.

Im Iran kann Homosexualität mit schweren Strafen bis zur Todesstrafe geahndet werden. Mehdi Tadsch, Präsident des iranischen Fußballverbandes, erklärt, dass man das WM-Spiel im Zeichen der Regenbogenfarben um jeden Preis verhindern werde. Ägyptens Fußballverband verwies in einem offenen Brief an die Fifa darauf, dass „solche Aktivitäten (...) den kulturellen, religiösen und sozialen Werten der (...) arabischen und muslimischen Gesellschaften“ widersprechen würden.

Nas Mohamed kennt diese Argumentation nur allzu gut. „Und ich habe sie satt. Wenn Länder wie Iran, Ägypten oder Katar so argumentieren, antworte ich: Ich bin auch Teil eurer Kultur und ich verdiene es, gefeiert zu werden. Stattdessen muss ich in einem anderen Land Asyl suchen. Wir müssen das Narrativ, dass LGBTIQ*-Menschen nicht zu arabischen Gesellschaften dazugehören, endlich überwinden.“

Er betont zugleich, wie wichtig es sei, zwischen den Regierungen dieser Länder und ihren Bevölkerungen zu unterscheiden. Deshalb, so Mohamed, müsse sich auch Fifa-Chef Gianni Infantino vor Turnieren wie der WM stärker mit zivilgesellschaftlichen Gruppen austauschen.

Bislang hält Seattle an der Ausrichtung des Spiels fest. „Das ist ein Funken Hoffnung“, so Mohamed. Er hofft, dass andere Ausrichtungsstädte sich nun solidarisch zeigen und Seattle unterstützen. „Die Stadt steht unter enormem Druck. Es ist wichtig, dass sie bei ihrer Entscheidung bleibt. Wenn sie weiter durchhält, dann hält sie für uns alle durch.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })